Gesetzliche Rentenversicherung

Finanz-IQ: Freiwillig in die gesetzliche Rente einzahlen?

Viele Selbstständige vernachlässigen den Aufbau von lebenslangen Renten. Entweder die Liquidität wird für den Auf- und Ausbau des Unternehmens benötigt oder die private Vorsorge wird in den Hintergrund gedrängt.

Im folgenden Fachartikel zeige ich Ihnen zuerst ganz nüchtern das Aufwand-/Nutzen-Verhältnis der gesetzlichen Rentenversicherung und im Anschluss die eher emotionale Wirkungsweise.

Die Analyse

Schritt 1: "Aufwand-/Nutzen-Verhältnis"

Als Selbstständiger (und in gewissen Situationen auch als Angestellter) können Sie in die gesetzliche Rente einzahlen. Diese Beiträge sind steuerlich absetzbar. Dafür erhalten Sie lebenslange Rentenansprüche, die Sie in der Ruhephase versteuern müssen. Da Ihr Steuersatz in der aktiven Erwerbsphase im Regelfall höher ist als in der Ruhephase, ergibt sich eine gewisse Steuerrendite.

Mit der obigen Logik erhalten Sie grob folgende Leistung:

  • Vor-Steuer-Betrachtung: für 10.000 EUR Beitrag erhalten Sie 44,3 EUR lebenslange Monatsrente
  • Nach-Steuer-Betrachtung: für 10.000 EUR Beitrag erhalten Sie 56,2 EUR lebenslange Monatsrente

 

Schritt 2: "Vergleich mit Kapitalanlage in Eigenregie"

Um ein besseres Gefühlt bzgl. der obigen Zahlen zu erhalten, vergleichen wir die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung nun mit der folgenden Alternative:

  • Sie nehmen die 10.000 EUR und legen diese selbst an
  • Dann ergibt sich bis zum Renteneintritt ein gewisses Vermögen
  • Aus diesem können Sie nun Monat für Monat einen Betrag entnehmen

Es ist offensichtlich, dass die gesetzliche Rente umso besser abschneidet je älter Sie werden und je geringer Ihre Rendite bei der eigenen Kapitalanlage ist.

Nehmen wir an, dass sich Ihre Kapitalanlage bis zum Renteneintritt auf 16.500 EUR erhöht hat (10.000 EUR, 3%, 17 Jahre). In Abhängigkeit Ihrer Lebenserwartung und der weiteren Verzinsung ergibt sich folgendes Bild. Dabei gilt:

  • Rote Zellen: die eigene Kapitalanlage schlägt die gesetzliche Rente
  • Grüne Zellen: die gesetzliche Rente schlägt die eigene Kapitalanlage

 

Vorteilhaftigkeit gesetzliche Rente versus Kapitalanlage

 

Das Ergebnis

Sie wissen nun, in welchen Fällen sich eine Einzahlung in die gesetzliche Rente eher rechnet. Leider hilft Ihnen das nur begrenzt weiter. Entscheidend ist hier zu erkennen, dass es nicht um "entweder oder" sondern um "sowohl als auch" geht. Die beiden Ansätze konkurrieren nicht miteinander, sondern ergänzen sich.

  1. "garantierte, lebenslange Renten": bietet Ihnen Sicherheit, insbesondere dann, wenn Sie sehr alt werden und Ihre Investitionen nicht die gewünschte Rendite erwirtschaften. Der Grenznutzen von garantierten, lebenslangen Renten steigt am Anfang stark an. Von den ersten 200 EUR Rente können Sie sich Lebensmittel kaufen, danach Kleidung und ein Dach über den Kopf. Je mehr Rentenansprüche Sie haben, desto geringer wird der Grenznutzen.
  2. "Investitionen": bietet Ihnen die Chance auf mehr. Erwirtschaften Sie die erwartete Rendite oder es läuft sogar noch etwas besser als geplant, dann können Sie sich auch Dinge leisten, die vielleicht nicht unbedingt sein müssten.

 

Es geht im Endeffekt um die richtige Balance zwischen den zwei Ansätzen. Konzentrieren Sie sich nur auf "garantierte, lebenslange Renten", dann ist es relativ gut planbar, wie Sie im Alter aufgestellt sind, allerdings reicht das in den meisten Fällen nicht für die Wunschvorstellung. Konzentrieren Sie sich nur auf "Investition", dann kann das gut gehen, muss aber nicht. Wenn Ihre Investitionen nicht gut laufen, dann entsteht ein hoher emotionaler Druck, da Sie ggf. Ihre Ausgabenseite einschränken müssen und Ihre soziale Position nicht mehr halten können.

Zusammengefasst: eine Zahlung in die gesetzliche Rente ist nichts anderes als eine Investition in ein Sicherheitsnetz, das ein Mindestmaß an Lebensqualität sicherstellen soll. Ist dieser Punkt erreicht, dann haben Sie eine notwendige Voraussetzung geschaffen, um langfristig und ohne Erfolgsdruck investieren zu können.

Disclaimer

Den dargestellten Vergleich habe ich für die individuelle Situation meines Mandanten durchgeführt. Dieser Artikel beinhaltet keine Empfehlung zum Abschluss oder Nicht-Abschluss eines Vertrages. Die Angemessenheit und Eignung eines Finanzproduktes muss immer im Einzelfall geprüft werden und ich rate Ihnen dabei einen unabhängigen Fachmann zu Rate zu ziehen.

Insbesondere weise ich auf die folgenden Sachverhalte hin:

  • Steuerliche Implikationen sollten Sie immer von einem Steuerberater prüfen lassen.
  • Jede Einschätzung bezüglich eines Altvertrages muss immer im Kontext Ihrer Gesamtsituation gesehen werden. Eine isolierte Betrachtung von Einzelprodukten wird nie zu einer guten Empfehlung führen.
  • In den diskutieren Ansätzen sollte ebenfalls die Leistung bei Tod an die Hinterbliebenen betrachtete werden. Diese Thematik habe ich aus Gründen der Komplexitätsreduktion im obigen Artikel ignoriert.

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